Wie schon berichtet haben uns Maike und Martin, zwei Deutsche Weltenbummler, an unserem ersten Campingplatz aufgegabelt und uns sogar bis zum unserem Motel in Thames mitgenommen. Jana und Maike zeigten soziale Kompetenz gepaart mit Sinn für das Praktische und tauschten Telefonnummern aus. Das sollte Folgen haben. 🙂
Beide sind etwa Mitte zwanzig und stehen nach ihren Studienabschlüssen und kurzer beruflicher Tätigkeit noch am Anfang ihrer Karrieren. Bevor es so richtig mit dem Arbeiten losgehen sollte, hatten sie beschlossen, erstmal gemeinsam ein Jahr zu reisen. Sie kündigten ihre Jobs und ihre Wohnungen. Wahrscheinlich war es das, was uns gegenseitig besonders sympathisch gemacht hat.

Wir verabreden uns in Rotorua, um eine Zeit gemeinsam zu reisen, denn wir haben ähnliche Ziele. Also übernehmen wir die Kosten des Grosseinkaufs an Lebensmitteln und sind dafür freundliche Wegbegleiter der Beiden für ein paar Tage.
Nach den ersten Wochen mit wechselhaftem Wetter freuen wir uns nun auf eine Gegend in der uns ziemlich sicher warm oder sogar hot wird.

Rotorua ist ein Synonym für Neuseelands Geysire, heisse Quellen und Schlammlöcher. Die Stadt liegt in der Mitte der Nordinsel und am Rand eines der grössten und interessantesten geothermischen Felder Neuseelands.
Das Gebiet ist in diesem Punkt laut Meinung der Experten nur vergleichbar mit dem Yellowstone-Nationalpark in den USA oder mit der Vulkaninsel Island. Überall im Ort brodelt und zischt es. Ausserdem duftet es wie in einem Chemielabor oder anders ausgedrückt: es stinkt penetrant nach verfaulten Eiern. Endlich pupsen ohne schlechtes Gewissen. Ein Männerwitz, der auch bei den Frauen ankommt 🙂 Der Fachmann weiss den Geruch natürlich besser einzuordnen: Es ist der Schwefel, der aus den Erdlöchern dampft. Weisse Krusten umgeben heisse Quellen und gelbe Farbflecken aus Schwefel überziehen Uferpassagen, in Tümpeln blubbert und wallt es wie aus kleinen Vulkanen. An einigen Stellen kommt bis zu 100 Grad heisse Flüssigkeit aus der Erde.


Die spektakulärste Thermalzone um Rotorura herum ist wohl das Wai-O-Tapu. Wir beschliessen gemeinsam einen Besuch.
Dort angekommen, reihen wir uns in die Warteschlange vorwiegend asiatischer Touristen ein. Es geht schnell. Wir sind im Park und werden mit fantastischen, farbenfrohen, zugleich morbide und unwirklich wirkenden Bildern belohnt.



Ich fühle mich dem, was normalerweise nur unter der Erdoberfläche herrscht, sehr nahe. Ich stelle mir vor, wie dünn die oberste Erdschicht ist und was alles darunter existieren mag. Ähnlich wie bei Jules Verne „20.000 Meilen unter dem Meer“ – nur eben direkt unter der Erdoberfläche.

Der in Form einer Acht angelegte Rundgang führt uns an verschieden farbigen „Seen“, Kratern, Tümpeln und Quellen vorbei. Besonders speziell wirkt die Farbe des sogenannten „Champagnerpools“, ein heisser See von etwa 60 Metern Durchmesser, in dem das aufsteigende Kohlendioxid brodelt – sein Rand ist durch Mineralien (Schwefel und Antimon) rostrot eingefärbt. Ich denke weniger an das edle französische Getränk, eher an eine misslungene Farbmischung aus dem Baumarkt, die für das Schlafzimmer gedacht, dann aber doch für das Gästezimmer verwendet wurde.


Nach einigen Stunden und gefühlt hundert Fotos verlassen wir das Areal. Martin chauffiert uns zu einem wunderschönen einsamen Campingplatz. Einziger Haken an der Sache: alle ausser der Fahrer selbst laufen die letzten anderthalb Kilometer zu Fuss. Ihr tiefer gelegte Toyota setzt ab und an auf die Schotterstrasse. Das bereitet Martin zusehends Unbehagen und er kommt ins Schwitzen – er mochte es in dem Fall nicht ganz so „hot“. Jana und ich zeigen Solidarität und bieten an, auszusteigen, um das Gewicht zu reduzieren. Martin stimmt sofort zu. Maike schliesst sich uns an. Am Ziel angekommen werden wir mit einem herrlichen Plätzchen direkt am Wald und Fluß gelegen belohnt.


Da nach Einbruch der Dunkelheit die Nacht sternenklar ist, unternehmen wir eine Nachtwanderung, die auch als offizieller Pfad ausgewiesen ist. Ein Meer von Glühwürmchen, insbesondere im Wurzelwerk umgestürzter Bäume, scheinen den Nachthimmel bis in den Wald hinein zu verlängern.

Nach den Tagen in der Natur beschliessen Jana und ich noch etwas in Rotorua zu bleiben, während Maike und Martin weiterreisen. Vor dem alten, aber sehr schön restaurierten Stadtbad befindet sich ein parkähnlicher Krocket-Platz, der insbesondere von den älteren Einheimischen genutzt zu werden scheint. Wir beobachten sie beim Spiel, während wir unsere mitgebrachten Abendsnacks am Spielfeldrand verzehren.

Am Ende des Spiels plauschen wir mit einer etwa achtzigjährigen Dame, die die verschiedensten Spielvarianten geübt hat bis keiner ihrer Mitspieler mehr da war. Wir erfahren, das sie aus Berlin-Friedenau kommt, einen Neuseeländer in den Fünfziger Jahren auf einer Rheinfahrt kennengelernt hat und diesen nach nur 10 gemeinsam verbrachten Tagen geheiratet hat. Seit über sechzig Jahren lebt sie nun in Neuseeland. Ich als gebürtiger Berliner, bin berührt von dieser Zufallsbegegnung mit einer anderen Berlinerin, die vor so langer Zeit ihr Glück fern der Heimat gefunden und ihre spontane Entscheidung nie bereut hat.

Bevor es weitergeht, besuchen wir das Thermalbad, welches in der Vielfalt der verwendeten Quellen mit ihren teilweise sehr hohen Temperaturen ziemlich einzigartig ist. So geniessen wir den Abend und lassen die letzten Tage in einem warmen Quellbad Revue passieren. So mögen wir es ganz besonders, wenn es heiss ist….We like it hot.
von Micha