Willkommen in den Tropen

Neuseeland hat uns mit seinem abrupt einsetzenden Herbstanfang Anfang April darauf aufmerksam gemacht, dass es Zeit wird, weiter zu reisen. Die letzten Tage wurden immer kälter und ungemütlicher. Unsere Reise durch Neuseeland fühlte sich an wie ein fabelhafter Samstagabend in einer guten Diskothek – wir haben nette Leute kennengelernt, die eine oder andere Telefonnummer eingesteckt, leckere Drinks geschlürft und die Nacht durchgetanzt . Die Musikmischung war perfekt und wie erwartet wurde irgendwann das Lied „The Time Of My Life“ aufgelegt. Der immer öfter auftretende Regen sowie die kalten Nächte waren wie ein Abschiedslied à la „Dirty Dancing“ – das allgemein bekannte Zeichen, dass der DJ bald Feierabend machen möchte. 

Unser nächstes Reiseziel hatten wir bereits in Deutschland festgemacht. Eine Insel in der Südsee sollte es sein und zwar Tonga. Wir entschieden uns für diese relativ unbekannte Inselgruppe, weil es dort nicht allzu touristisch sein sollte, wir so unser Budget schonen konnten und weil es der einzige Staat in der Pazifikgruppe ist, der in seiner gesamten Geschichte stets unabhängig blieb.

All das klang irgendwie sympathisch.

Tonga, ein Königreich mitten im grossen blauen Pazifik.

Gelandet sind wir in Nukuʻalofa, der Hauptstadt Tongas. Diese befindet sich auf Tongatapu, der grössten der 170 zum Staat gehörenden Inseln. Obwohl es bei unserer Ankunft schon weit nach 23 Uhr war, knallte uns eine extrem schwüle und heisse Luft entgegen, sobald die Türen des Flugzeugs aufgemacht wurden. Zudem roch es stark nach Kerosin. Sofort hatte ich das Gefühl, kaum Luft zu bekommen. Egal wie tief ich einatmete, der Sauerstoff in der Luft schien mir nicht zu reichen. Die Transpiration setzte sofort ein. Ich fühlte mich wie in einer Sauna nach dem ersten Aufguss, wenn der Saunawart zur Verteilung der heissen Luft das Handtuch schwingt.

Willkommen in den Tropen. 

Die meisten Touristen bleiben hier keine einzige oder vielleicht gerade mal eine Nacht – zu verlockend sind die vielen kleinen Inselchen mit ihren weissen Traumständen und den Korallenriffen. Ausserdem ist die etwa 260 Quadratkilometer grosse Hauptinsel sehr schnell erkundet. Es gibt ein paar Reiseagenturen, die alle die gleichen drei Touren anbieten – die Vormittagstour führt durch den Ostteil der Insel, auf der Nachmittagstour erkundet man den Westteil und wer es ganz eilig hat oder sich nicht entscheiden kann, der bucht am besten eine Ganztagestour. So einfach ist das.

Wir haben es jedoch nicht eilig und verbringen fast eine Woche auf Tongatapu. Nach den vielen Eindrücken in Neuseeland und dem ständigen Ortswechsel geniessen wir es, eine Woche am gleichen Ort zu sein. Zudem ist es herrlich angenehm, dass Nukuʻalofa eine Hauptstadt ist, die nicht mit den Top 10 „Must Do´s“ lockt. Wir wollen auch mal Nichts tun müssen.

Wir verbringen die Tage mit Fotos sortieren, längst überfällige Blogartikel schreiben, verschiedenes zu lesen und Obsteinkäufen auf den Märkten. An den Abenden geniessen wir das eine oder andere Glas Wein und die Gespräche mit unserem Zimmernachbarn Mike – einem Australier, der für ein paar Monate in Tonga in der Katastrophenprävention arbeitet.

Leckeres Obst und Gemüse gibt es hier reichlich – nur leider ist es bei den meisten Einwohnern nur die Beilage.

An einem Tag mieten wir uns dann aber doch ein Auto und nehmen uns einen ganzen Tag (!) Zeit für den Westteil der Insel. Wir besuchen die Stelle, wo der Holländische Segelfahrer Abel Tasman 1643 zum ersten Mal auf Tongaer traf und seine Eindrücke schriftlich festhielt. Er beschrieb sie als ein friedliches und freundliches Volk – dies können wir heute nur bestätigen.

Weiter an der Küste entlang treffen wir auf einen riesigen Felsen, der recht verloren in der Ebene steht. Wenn man nah genug an ihn herantritt, erahnt man seinen Ursprung – es handelt sich um einen Korallenfelsen. Satellitenbilder vom Meer zeigen zudem, dass unweit ein solch grosses Stück Koralle im Meeresboden fehlt. Ein Tsunami muss vor langer Zeit diesen Koloss einmal abgelöst und aufs Land befördert haben. Deshalb schmücken ihn die Einheimischen auch mit dem dem Namen „Tsunami Rock“.

Ein weiteres Highlight, was wir zuvor noch nirgends auf der Welt gesehen haben, sind die Blowholes – also die „blasenden Löcher“. Auf einem 5 Kilometer breiten Küstenabschnitt trifft das Meer direkt auf Vulkangestein und formt seit eh und jeh kleine Tunnel in den Stein. Jedesmal wenn eine grosse Welle auf den Fels trifft, wird das Wasser durch die Löcher gepresst, wobei eine Art Geysir entsteht, der bis zu 30 Meter hoch werden kann. 

Einen kurzen Stop legen wir natürlich auch an der dreiköpfigen Kokosnuss ein. Also ein Baum der sich kurz vor der Krone zweiteilt und dessen einer Ast sich weiter oben noch einmal teilt. Dieses lokale Highlight hat sogar sein eigenes Sehenswürdigkeitshinweisschild am Strassenrand.

Ich kann es mal wieder nicht lassen.

Während unserer Fahrt treffen wir überall auf neugierige, nach Abwechslung und Futter gierende Hunde, in der Sonne dösende Katzen, Hühner, die ihre Küken um sich scharen und Ferkel, die ihren Schweinemamas eilig hinterher hasten. Alle laufen frei herum und die Insel kommt mir ein bisschen vor wie eine grosse Villa Kunterbunt. Nur leider ist das die Idylle, die ich mir für dieses Bild gerne vorstelle. Und die Idylle trügt, wie so oft. Alle dieser Tiere (ja alle) landen hier früher oder später im Kochtopf – die Tongaer lieben Fleischgerichte. Fleisch ist oft, sehr oft, quasi fast immer auf dem Teller. Wenigstens sind sie da konsequent und unterscheiden nicht zwischen Haus – und Nutztieren, so wie wir es in westlichen Ländern gerne tun und den Verzehr von einem Schwein als normal betrachten, einen gekochten Hund aber nie und nimmer herunterschlucken würden.

In Tonga hat man oft Schwein.
Hühner dürfen mit ins Café und behaupten sich als Ökokrümelsauger.

Als letztes wollen wir uns eine natürlichen Landbrücke anschauen. Im Gegensatz zu der Dreiköpfigen Kokosnuss ist dieser besondere Ort jedoch nicht ausgeschildert und wir brauchen mehrere Anläufe, bis wir die Brücke finden. Die Zufahrtsstrasse ist voll mit nach Jauche stinkenden Pfützen und Matsch. Beim Überqueren setzen wir mehrmals auf und müssen nachschauen, ob noch alles am Auto dran ist. Den Dreck an unseren Schuhen nehmen wir ungewollterweise mit ins Auto und stellen so sicher, dass das Fahrzeug nun einheitlich von aussen und von innen wie frisch gedüngt riecht. Michas Sportschuhe versprühen noch heute trotz Waschmachinenreinigung einen Hauch von „Eau de Ferkél“.

Am Abend nimmt uns Mike mit auf ein Feierabendbier mit ein paar Kollegen in seine Lieblingsbar. Wir wissen nicht, wie es mittlerweile auf Hawai ist, aber in Tonga gibt es sehr wohl reichlich Bier. Das lokale Gebräu ist gut, aber die Piña Colada frisch zubereitet mit echter Kokosnuss ist der absolute Traum.

Der Abend ist ein toller Abschluss zu diesem erlebnisreichen Halbtags – Ganztagesausflug. Den Ostteil der Insel wollen wir auch noch erkunden – aber nicht gleich am nächsten Tag, denn das wäre uns zu anstrengend. 

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